Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten trotz doppelter Beauftragung
Das Amtsgericht (AG) Hamburg hat mit Urteil vom 30. März 2016 (33a C 336/15) entschieden, dass Autofahrer, die mit ihrem Fahrzeug schuldlos in einen Unfall verwickelt werden, grundsätzlich berechtigt sind, auf Kosten des Schädigers einen Sachverständigen zu beauftragen. Nichts anderes gilt, wenn die Gegenseite bereits einen Gutachter beauftragt hat.
Der klägerische Pkw war ohne dessen Verschulden bei einem Unfall beschädigt worden. In der Annahme, dass der Schaden erheblich sei, beauftragte der Kläger einen Gutachter mit der Besichtigung des Fahrzeugs ohne zu wissen, dass der Versicherer des Unfallverursachers bereits einen Sachverständigen eingeschaltet hatte.
Vor diesem Hintergrund lehnte der Versicherer die Zahlung der klägerischen Gutachterkosten ab. Das AG Hamburg gab der Klage des Geschädigten auf Zahlung der von ihm verauslagten Kosten in Höhe von fast 300,- € statt.
Nach richterlicher Auffassung gehören die Kosten eines von einem Geschädigten eingeholten Sachverständigen-Gutachtens zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und daher auszugleichenden Vermögensnachteilen.
Einzige Voraussetzung ist, dass die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist. Dabei kommt es auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters an, d.h. erforderlich sind diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten tätigen würde.
Unerheblich ist, ob möglicherweise auch der Schädiger oder dessen Versicherer schon ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben haben.
Bei der Frage der Kostenerstattung ist es auch nicht allein entscheidend, ob die Schadenhöhe einen gewissen Betrag übersteige, da der Geschädigte zum Zeitpunkt der Sachverständigenbeauftragung diese Höhe gerade nicht kenne.
Bei reinen Bagatellschäden < 750,- € muss der Schädiger bzw. dessen Versicherer regelmäßig jedoch nicht die Kosten für ein von dem Geschädigten beauftragtes Gutachten tragen, wenn keine Gefahr von Weiterungen besteht oder ein teilweise verdeckter Schadenumfang vorliegt. Dann reicht die Einholung eines Kostenvoranschlags aus.
Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so dass der Versicherer des Schädigers die Gutachterkosten erstatten muss.