Mitverschulden bei der Hundehalterhaftung
Das Oberlandesgericht (OLG) Jena hat mit Urteil vom 16. Juli 2015 entschieden (1 U 652/14), dass ein Hundehalter, der mit seinem angeleinten Hund unterwegs ist und dabei unvermittelt von einem anderen, frei laufenden Hund gebissen wird sich weder ein Mitverschulden noch eine Mithaftung aus der Tiergefahr seines Hundes anrechnen lassen muss.
Ein Mann und späterer Kläger war gemeinsam mit seinem angeleinten Hund unterwegs, um sich einen Motorradkonvoi anzusehen. Auf einem Nachbargrundstück kam plötzlich der frei laufende Hund des Beklagten aus einer Hecke hervor und griff den klägerischen Hund an. Der Kläger geriet dabei zwischen die Fronten der Tiere und wurde von dem frei laufenden Hund gebissen. Dessen Besitzer räumte eine grundsätzliche Verantwortung für den Zwischenfall ein, meinte aber, der Kläger müsse sich aber anspruchskürzend die Tiergefahr seines eigenen Hundes zurechnen lassen, die unabhängig davon gelte, welcher der Hunde mit der dem Streit begonnen habe.
Darüber hinaus habe der Kläger leichtfertig versucht, die Tiere voneinander zu trennen bzw. seinen Hund zu schützen und müsse sich deswegen ein Mitverschulden in Höhe von 50 % anrechnen lassen.
Die OLG-Richter gaben der Klage des verletzten Hundehalters statt.
Nach richterlicher Ansicht muss sich der Kläger kein Mitverschulden anrechnen lassen, welches nur dann gegeben wäre, wenn er bei dem Versuch verletzt worden wäre, die sich streitenden Hunde voneinander zu trennen.
Im vorliegenden Fall war Sachverhalt ein anderer, da der Kläger mit seinem angeleinten Hund die Straße entlang ging, als der andere Hund vom eigenen Grundstück heraus auf den Kläger und seinen Hund zugelaufen kam und ihn und seinen Hund unmittelbar angegriffen hat.
Die Beweisaufnahme ergab, dass der Kläger auch nicht versucht hatte, die Tiere voneinander zu trennen oder seinen angegriffenen Hund zu schützen. Daher scheidet ein Mitverschulden des Klägers aus, der sich auch nicht die Tiergefahr seines eigenen Hundes zurechnen lassen muss. Das ist nur dann möglich, wenn die Tiergefahr auch tatsächlich ursächlich für die Schadensentstehung geworden ist.
Kein Verursachungsbeitrag für den später entstandenen Schaden ist die Tatsache, dass der Kläger seinen Hund angeleint bei sich geführt habe.