Strittiger Arbeitsunfall
Das Hessische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 25. Februar 2014 (Az.: L 3 U 93/12) entschieden, dass für die Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Arbeitsunfall ein bloßer akut einschießender Schmerz nicht ausreicht. Entscheidend ist die Störung, die den Erstschaden auslöst.
Der als Steinmetz arbeitende Kläger war 2003 und 2004 wegen massiver Probleme mit der Schulter arbeitsunfähig geschrieben und in einer Rehabilitationsklinik. Seit September 2004 konnte er wieder stundenweise arbeiten. Beim Anheben einer Marmorplatte spürte er plötzlich einen stechenden Schmerz in der Schulter, der so stark war, dass er die Platte nicht mehr halten konnte. Da die Schmerzen anhielten, ging er zu seinem Hausarzt, der ihn zunächst mit Schmerzmitteln versorgte. Später wurden Risse in den Schultersehnen festgestellt.
Der Kläger machte im Mai 2005 gegenüber dem gesetzlichen Unfallversicherungs-Träger eine Reihe von Berufskrankheiten wegen Erkrankungen im Schulterbereich geltend und wollte den Schmerz als Folge des Anhebens der Platte als Arbeitsunfall anerkannt sehen.
Der Unfallversicherungs-Träger lehne das ab, der der Vorfall kein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis sei, sondern die Folge der früheren Gesundheitsschäden. Der Kläger habe selbst angegeben, dass er die Wiedereingliederungs-Maßnahme abbrechen musste, da sich sein Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert hätte. Der Arbeitgeber und der Hausarzt wären ebenfalls nicht von einem Unfall ausgegangen.
Der Versicherte reichte dagegen Klage vor dem Sozialgericht Kassel ein. Das sah den Nachweis des Merkmals „Unfall“ als im Vollbeweis erbracht an. Es seien betriebliche Einflüsse gewesen, die zu dem Ereignis führten – die betrieblich bedingte besondere Anstrengung habe zu dem körperlichen Schaden in Form von Schulterschmerzen geführt.
Dabei sei die Vorschädigung unerheblich, da in der Unfallversicherung die individuelle Erwerbsfähigkeit versichert sei, die trotz der Vorschäden bei 100 % anzusetzen sei. Daher der Kläger die Wiedereingliederungs-Maßnahme begonnen, mit dem Ziel, eine baldige vollständige Wiederherstellung seiner Leistungsfähigkeit zu erreichen. Durch den Unfall sei dieser Prozess gestoppt worden. Seitdem könne der Kläger seinen Beruf als Steinmetz nicht mehr ausüben.
Die Unfallversicherung legte dagegen Berufung ein. Aus ihrer Sicht waren nicht das Heben der Marmorplatte, sondern die bereits vorher bestehenden Schäden die Ursache für die Beschwerden.
Dieser Argumentation schloss sich die Berufungsinstanz an. Der Versicherte könne nicht nachweisen, dass er ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erlitten habe, das zu dem Gesundheitsschaden führte. Nicht nachgewiesen worden ist, dass das Heben der Platte überhaupt einen Gesundheitserstschaden ausgelöst habe. Der bloße messerstichartige Schmerz in der Schulter stelle noch keinen Gesundheitserstschaden dar.
Im Übrigen legten die medizinischen Befunde die Einschätzung nahe, dass dies die Folge der bereits bestehenden Schulterbeschwerden sei und dass es sich dabei eher um degenerative Veränderungen handele. Daher wurde das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Das Urteil ist rechtskräftig.