Wenn aus Spaß Ernst wird
Das Hessische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 24. März 2015 (L 3 U 47/13) entschieden, dass die Folgen von Neckereien unter Erwachsenen grundsätzlich auch dann nicht vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt sind, wenn sie im beruflichen Rahmen erfolgen.
Ein damals 27-jähriger Mann und späterer Kläger befand sich bei einer beruflichen Umschulungsmaßnahme zusammen mit sechs Mitschülern im ersten Stock eines Unterrichtsgebäudes. Zur Zeit einer unbeaufsichtigten Unterrichtsphase versuchte einer seiner Mitschüler, ihn mit einem Gummispritztier nass zu spritzen. Der direkt neben einem Fenster stehende Kläger versuchte dem Wasserstrahl auszuweisen, indem er über die Fensterbrüstung auf ein Vordach sprang. Unglücklicherweise hielt das Dach die Belastung nicht aus, so dass der Kläger in die Tiefe stürzte und sich dabei erhebliche Fuß- und Wirbelsäulen-Verletzungen zuzog.
Seine für die Verletzungsfolgen von ihm in Anspruch genommene gesetzliche Unfallversicherung lehnte Leistungen mangels Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall ab, da der Kläger nicht im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit, sondern wegen einer Neckerei zu Schaden gekommen sei. Die Auswirkungen von Neckereien seien aber keine Sache der Berufsgenossenschaft.
Der Kläger war gegenteiliger Ansicht und bestand auf die Anerkennung des Vorfalls als Berufsunfall, da er sich nicht an der Neckerei beteiligt habe und es zum Unfall gekommen sei, als er dem scherzhaften Angriff ausweichen wollen.
Das Hessische Landessozialgerichts wies die Klage des Umschülers gegen die Berufsgenossenschaft als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Ansicht kann man nur dann von einem im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall ausgehen, wenn die Verrichtung eines Versicherten zum Unfallzeitpunkt seiner versicherten Tätigkeit zugerechnet werden kann. Unversichert seien hingegen Neckereien und Spielereien, da diese grundsätzlich als ein den Interessen des Betriebes zuwiderlaufendes Verhalten und damit als reines „Privatvergnügen“ anzusehen seien.
Zwar sind gemäß § 2 (1) 2 SGB VII auch Lernende während einer beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst, jedoch komme es im Falle eines Unfalls auf die Art der zu diesem Zeitpunkt ausgeübten Verrichtung sowie das Alter des Unfallopfers an. Während z.B. bei Schülern und pubertierenden Jugendlichen auch Gefahren Berücksichtigung finden, die sich aus unzureichender Beaufsichtigung oder aus dem typischen Gruppenverhalten innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Schule ergeben würden, müsse der Unfall des 27-jährigen Klägers wie der eines gleichaltrigen Beschäftigten in einem Großraumbüro behandelt werden. Bei einem vergleichbaren Unfall hatte dieser auch nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.